Rundbrief Februar 2021

Februar 2021

Liebe Freunde der Haiti Kinder Hilfe,

Es erscheint uns, die wir hier in Europa so dramatisch um das Thema des Covid 19 kreisen, sehr seltsam, dass dieser Virus in Haiti keine größere Rolle zu spielen scheint. Von den vielen Menschen, mit denen wir stetig in Kontakt sind, spricht fast nie jemand das Thema an. Eine teilweise Erklärung scheint darin zu liegen, dass nur 4,5 % der Bevölkerung stark gefährdet sind, weil sie über 65 Jahre alt sind. Die Menschen haben, so wie es aussieht, ganz  andere Probleme. Sie müssen mit der nach wie vor sehr schwierigen politischen Situation fertig werden, deren Folgen für ihren Alltag schwerwiegend sind: Unsicherheit und Gewalt sind fast überall. Entführungen haben rasant zugenommen.

Trotz der politisch angespannten Situation haben einige unserer Jungs ihre Ausbildung erfolgreich abschließen können und ein unabhängiges Leben anfangen können. Ernson, der Schneider geworden ist, hat in der Werkstatt des Schneidermeisters, bei dem er ein Praktikum gemacht hat, „seine Ecke“ eingerichtet mit den von der HKH bekommenen eigenen Materialien und der eigenen Nähmaschine. Wenn der Meister ihn braucht, beschäftigt er ihn und bezahlt ihm sogar etwas mehr als üblich, weil Ernson auf seiner eigenen Nähmaschine arbeiten kann. Und Ernson kann eigene Aufträge annehmen.

Im Heim sind jetzt noch sechs junge Männer. Zwei studieren Elektromechanik, zwei Automechanik und zwei gehen noch zur Schule. Berthony bewährt sich recht gut als neuer Heimleiter. Nächstes Jahr werden einige Jungs zu „unseren“ Jungs dazustoßen, junge Männer, für die der deutsche Verein „Lebensmission“, der in Gonaïves weiter im Norden Haitis mit seinem Kinderdorf angesiedelt ist, eine Bleibe sucht, weil die jungen Leute in Port-au-Prince studieren werden. Francis, der französische Erzieher, ist bereit, sobald es etwas weniger gefährlich ist, auf eigenes Risiko hin und wieder hinzufahren und Berthony zur Seite zu stehen.

Unsere beiden Heime wurden in neue Trägerschaften überführt. Natürlich verfolgen die neuen Träger dieselben Ziele wie die HKH, nämlich bedürftigen haitianischen Kindern zu helfen, und sie haben sich  verpflichtet, die Heime in diesem Sinn weiter zu nutzen. Das Jungenheim wird – wie bisher – für junge Leute in Schule, Ausbildung oder Studium zur Verfügung stehen. Im ehemaligen Mädchenheim sind kleine Straßenjungs aus dem nahegelegenen Slum Cité Soleil untergebracht.

Die jüngeren, nicht im Heim lebenden „Externen“, die wir versorgen, sind guter Dinge. Berthony schaut auch bei ihnen zuverlässig nach dem rechten.

Das Waisenheim  in Cap Haitien hat die Zahl der Kinder auf 45 reduziert.  Das haitianische Sozialministerium hat fürs ganze Land eine eigentlich ganz gute Maßnahme beschlossen, aber sie wird drastisch und vollkommen undifferenziert durchgesetzt, so dass ungute, sehr schwierige Situationen entstehen: Kinder, die noch eine Rest-Familie haben (eine Oma, einen Onkel…) müssen aus den Heimen zurück in die Familie. So muss z.B. ein kleines Mädchen, dessen Mutter psychisch krank ist, auf der Straße lebt und bettelt, „zurück zur Mutter“! Das Heim  behält aber diese Kinder als „Externe“, betreut sie, zahlt Schule und Lebensmittel… und hat dadurch mehr Arbeit und teilweise mehr Kosten, als wenn die Kinder im Heim wären! Die Schule geht unverändert weiter. Sie hat im Moment 339 Schüler, die aus dem Heim und aus den Armenvierteln kommen, und zählt qualitativ nach wie vor zu den wirklich guten Schulen Haitis. Allen Schülern wird da täglich zusätzlich zum Unterricht eine gute Nachhilfe angeboten, denn zu Hause haben sie keine Hilfe!

Die Zusammenarbeit mit der orthopädischen Klinik „Healing Hands for Haiti“ läuft reibungslos. 16 Kindern wurde im Jahr 2020 durch die Unterstützung der Haiti Kinder Hilfe eine Behandlung ermöglicht, bzw. eine Prothese angepasst.

Wir konnten im Jahr 2020 die Lypedha-Schule der Taubertäler Hilfsgemeinschaft leider nicht besuchen, weil die Fahrt dorthin zu gefährlich war. Aber alles, was wir hören, lässt darauf schließen, dass trotz der großen Einschränkungen, die durch die vielen langen Unterbrechungen des Schuljahres 2019-2020  entstanden, die Schüler ins nächste Schuljahr aufgenommen werden konnten. Den Schülerinnen und Schülern konnten Extra-Kurse während der Ferien angeboten werden, so dass sie einiges an verpasstem Lernstoff nachholen konnten.

Was Schwester Paësie angeht, so fragen wir uns immer wieder, wie sie es schafft, derart vielen Kindern auf verschiedenste Weise zu helfen. Ihre inzwischen 5 Heime (das größte ist in dem Haus des ehemaligen Mädchenheims der HKH untergebracht) platzen aus allen Nähten und beherbergen inzwischen 98 Kinder. Sie haben da nicht nur ein Dach über dem Kopf und ein eigenes Bett – für sie ein unvorstellbarer Luxus, auch wenn in den Schlafsälen die Stockbetten sehr dicht aneinander stehen -, sie bekommen auch 3 Mal am Tag etwas zu essen, werden sorgfältig betreut und gehen zur Schule! Für ca. 1000 Kinder organisiert sie in ihren 9 Schulen in Cité Soleil Unterricht oder Kurse. Ungefähr während neun der zwölf Monate des Jahres  bekommen diese 1000 Kinder auch ein warmes Essen. Nur wenn das Geld nicht reicht, gibt es eine Zeit lang kein Essen!

Wir konnten einen Container mit medizinischem Material und Praxiseinrichtung nach Cap-Haïtien verschicken. Ein Ärzteehepaar aus der Schweiz hatte beim Auflösen seiner Praxis alles geschenkt. Bald wird da also eine gut eingerichtete Praxis zur Verfügung sein, um auch ärmere Menschen qualitativ gut zu versorgen. Einen ausführlichen Bericht dazu finden Sie demnächst auf unserer Homepage.

Claire und Frank Höfer werden dieses Jahr nicht nach Haiti fliegen. Zu unsicher und gefährlich ist die Situation dort. Aber die sehr vielen regelmäßigen Kontakte erlauben uns, ein recht genaues Bild von der Situation in den Heimen und bei unseren verschiedenen Partnern zu haben.

Bei der nächsten Mitgliederversammlung wird unsere Vorsitzende, Claire Höfer, nach über 10 Jahren des intensiven Einsatzes aus dem Vorstand ausscheiden. Die Covid-Krise hat ihre berufliche Situation verändert. Claire Höfer hat jetzt ihren Lebensschwerpunkt in Frankreich. Sie wird sich jedoch natürlich weiter für die ärmsten der haitianischen Kinder einsetzen und außerdem noch – wahrscheinlich bis Ende 2023 – die Verantwortung für das Heim „unserer Jungs“ behalten, sodass sie diese bis zum Ende ihrer „HKH-Zeit“ begleiten wird. Die übrigen derzeitigen Vorstandsmitglieder stellen sich wieder zur Wahl, wobei Alois Vogg für den Vorsitz kandidieren wird.  So hoffen wir für die Haiti Kinder Hilfe weiterhin auf einen kompetenten und engagierten Vorstand.

Zusammen mit unseren Partnerorganisationen in Haiti danken wir Ihnen allen herzlich für Ihr Interesse und Ihre treue Hilfe. Bitte unterstützen Sie uns weiter, damit wir uns auch in diesem neuen Jahr für das Wohl der haitianischen Kinder erfolgreich einsetzen können.

Wir wünschen Ihnen alles erdenklich Gute für das nun schon begonnene Jahr.  

Für den Vorstand

Claire Höfer        Monika Hofmann                 Alois Vogg

Haben Sie neue Kontaktdaten oder eine neue E-Mail-Adresse? Lassen Sie es uns wissen! Gerne nehmen wir Änderungswünsche entgegen.

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