Abschieds- und Dankesbrief eines jungen Mannes, der in den Heimen der HKH aufwuchs. Er wurde als Vollwaise im Säuglingsalter aufgenommen, absolvierte die Schule und eine Ausbildung und fängt jetzt sein unabhängiges Leben an.

An die Mitglieder des Vereins Haiti Kinder Hilfe, an das Team der Verantwortlichen in Haiti, an alle Jugendlichen, meine Kameraden der Heime und WGs.,

ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll, was ich im Augenblick empfinde. Wie im Buch Kohelet der Bibel kann ich sagen, „ Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit“. Nach der Zeit des Zusammenlebens kommt für mich jetzt die Zeit des Aufbruchs.

Ich schreibe, um Ihnen Dank zu sagen für alles, was Sie für mich getan haben, denn ohne Sie hätte ich es nie geschafft, mein Ziel zu erreichen. Es ist nicht leicht im Leben, Menschen zu finden, die so ehrlich sind wie Sie. Ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Arbeit nicht vergeblich sein wird.

Ihnen, Frau Claire Höfer, Vorsitzende des Vereins und allen anderen Mitgliedern kann ich nichts zurückgeben, ich kann nur einfach danken für die erhaltene Hilfe. Danke, dass Sie aus mir einen guten Menschen gemacht haben.

Und es ist mir wichtig, auch Ihnen allen, den Mitgliedern des Teams in Haiti zu danken für alles, was Sie für mich getan haben und ich verspreche Ihnen, dass ich hart arbeiten werde und dass ich Ihre Ratschläge befolgen werde, um ein gutes erfolgreiches Leben zu führen.

Euch Jugendlichen will ich diesen Rat geben: heute ist nicht morgen und morgen wird nicht wie heute sein. Lasst also Eure Chance nicht verstreichen. Vergesst nicht, dass euer Leben nicht von den anderen abhängt, sondern von Gott und dann von euch selbst. Wie Herr Toussaint immer sagt: „Nutzt eure Chance“.

Ich liebe euch sehr und war sehr glücklich darüber, euch als Familie zu haben. Ihr werdet es immer sein, das müsst ihr wissen. Das Leben ist schön: all die tollen Momente, die Freuden, die Probleme, die traurigen Augenblicke… all das gilt immer nur für eine begrenzte Zeit. Ich rate euch, liebe Gefährten, stark zu sein und euer Leben in die Hand zu nehmen, denn diejenigen, die euch helfen, werden nicht ewig leben und euch nicht während eures ganzen Lebens helfen können.

Ich ziehe jetzt aus, aber jedes Mal, wenn ihr diesen Brief seht, werdet ihr euch an mich erinnern – an die guten und auch an die schwierigen Momente. Ich nutze die Gelegenheit, um mich für all das zu entschuldigen, was ich in all der Zeit Schlechtes getan habe.

Ich kann heute nicht genau beschreiben, wer ich bin, aber ihr könnt es, denn jeder von euch war mir ein Bruder, eine Schwester, eine Mutter, ein Vater. Ihr müsst wissen, dass ich euch nie vergessen werde; ihr seid da, in meinem Herzen. Ich liebe Euch alle.

Ich finde die Worte nicht, um euch allen zu sagen, wie glücklich und frei ich bin. Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen werden, ob auf Erden oder im Himmel. Und nochmals: ich bin unendlich dankbar für euer aller Hilfe!

Ich liebe euch und umarme euch und möchte mit diesem Gedanken schließen: „Nichts in diesem Leben ist etwas wert, solang man nicht weiß, wozu man auf dieser Erde lebt.“

GL

 

 

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