Kinderheim und Schule der katholischen Laiengruppe

Projekt in Zusammenarbeit

In Cap Haïtien erwarten uns Soeur Godelieve und Madame Lecomte. Gerade angekommen, besichtigen wir die Gebäude und das ausgedehnte, mehrere Hektar umfassende Gelände. Wir haben Glück, denn schon am nächsten Tag können wir das 15-jährige Bestehen dieser Initiative mitfeiern. 400 Kinder aus dem Waisenheim und aus den Slumvierteln werden hier vom Kindergartenalter bis zur 7. Klasse beschult  Die Schule soll bald aufgestockt werden, so dass die Kinder bis zur 9. Klasse bleiben und einen Schulabschluss erwerben können. Die Klassenräume sind geräumig. Die Lehrer sind hoch motiviert. Leider ist ein in Haiti weit verbreitetes Problem, dass die Lehrer nur für einen Frontal- unterricht ausgebildet werden, der die Eigeninitiative der Schüler viel zu wenig fördert. Madame Lecomte und die Direktorin der Schule, Madame Étienne, versuchen ihr Bestes, um den Lehrern und Lehrerinnen nach und nach vielfältigere Unterrichtsmethoden nahe zu bringen. Ihre Schule hat bei den staatlichen Prüfungen 100% Erfolg.

Zum Projekt gehört ein Kinderheim  mit mittlerweile 106 Kindern vom Babyalter bis zu Jugendlichen. Soeur Godelieve kümmert sich hauptsächlich um die Jüngsten. Ihre Küche ist voll mit Babynahrung, die sie hortet wie einen Schatz, denn immer wieder muss sie Kinder vor zu einseitiger Ernährung retten. Die Geschichten, die sie zu erzählen weiß, aus welchen Umständen Kinder ins Heim gekommen sind, können einem das Herz zerreißen.

 

 

Schwester Godelieve erzählt:

Jakenson hat es schwer : « Ich habe Eltern, einen kleineren Bruder und eine kleine Schwester. Sie leben mit Papa und Mama. Mein Vater hat mich rausgeschmissen!“ Das erlebt er als starke Ablehnung und es wird Zeit dauern, bis er wieder Selbstvertrauen empfindet.

Steve* war ein hungerndes Baby, das man auf dem Bürgersteig gefunden hatte. Als Steve uns gebracht wurde, war er wie ein kleines Tier. Nach Monaten der Pflege und liebevollen Aufmerk-samkeit ist er langsam ein kleiner Junge wie die anderen.

Baby*, dessen Alter man nicht kennt. Er wurde von Nachbarin zu Nachbarin weiter-gereicht. Seine Mutter ist gestorben, als sie ihn gebar. Baby hat nicht einmal einen Namen!

 

Morales ist jetzt 10. Er hat einen zwei Jahre älteren Bruder. Sie haben ihre Mutter sterben sehen und danach sind sie in Port-au-Prince herumgeirrt. Eines Tages sind sie in einen der Gratis-Busse gestiegen, die denjenigen zur Verfügung gestellt wurden, die von Port-au-Prince wegwollten. Sie wussten nicht, wohin die Reise ging und kamen nach Ouanaminthe. Sie kannten da niemanden und niemand kannte sie. Sie sind wieder herumgeirrt, schliefen draußen unter Notunterkünften und aßen, was sie finden konnten. Eines Tages sagte ihm sein Bruder: „ Ich habe es satt, ich will nicht weiter so leben!“ Sie haben sich dicht nebeneinander schlafen gelegt, aber am Morgen, als Morales aufwachte, war sein Bruder nicht mehr da. Da war das Kerlchen ganz allein. Er fing an zu weinen, bat fremde Leute darum, ihn in ihre Familie aufzunehmen. Eine Nonne nahm ihn auf und er lebte einen Monat in deren Gemeinschaft, bis sie ihn uns brachten. Die Traurigkeit liest man in seinen Augen, seine Mutter, sein Bruder ???….

Geht man über die große Wiese des Heims zwischen den im Geviert angeordneten Häusern, in denen die Kinder nach Altersgruppen aufgeteilt leben, fühlt man sich wie in einer Großfamilie. Es ist friedlich. Kinder spielen mit einer Art Murmeln auf der Wiese. Sie sind Profis im Zielen und Schießen mit diesen Murmeln, wobei die Aufgabe darin besteht, mit den Murmeln in eine kleine Erdmulde zu treffen wie beim Golf, nur dass man hier nur Abstände von etwa dreißig bis fünfzig Zentimeter zu überbrücken hat. Hinter einer Reihe von Wohnräumen liegt die Küche, ein Schuppen, in dem für die Heimkinder und die Schüler gekocht wird – auf offenem Holzfeuer. In Riesentöpfen, die jeweils auf drei Steinen stehen, zwischen denen die großen Holzscheite brennen, wird der Reis gekocht und die dazugehörige Sauce. Der Rauch zieht einfach nach oben ab und schlängelt sich um die Dachplatten aus Wellblech herum ins Freie.

Neue Klos werden von einer europäischen Hilfsorganisation finanziert. Sie stehen schon im Rohbau.

Weiter unten im Grundstück liegt der ringsum offene Versammlungsraum, der auch für die Gottesdienste dient. Hier würde die Laiengemeinschaft gerne ein Gemeinschaftshaus bauen, um die nötige kontemplative Umgebung zu schaffen, in der die Mitglieder innerlich durch Gebet und Stille für die schwere Aufgabe des Kinderheims und der Schule auftanken können. Man hat es ja hier in der Regel mit Kindern zu tun, die aus den Slums von Cap Haïtien kommen – keine leichte erzieherische Aufgabe. Man vergisst das leicht, wenn man die im Großen und Ganzen friedliche Stimmung in Heim und Schule erlebt.

Es soll auch ein landwirtschaftlicher Bereich entstehen mit Hühnerstall, Ziegen und einem großen Gemüsegarten. Man kann diesen Teil des geplanten Projekts in seiner Bedeutung gar nicht hoch genug einschätzen. Slumkinder haben oft viel zu wenig Anregung, weil sie von der Vielfalt kaum etwas mitbekommen, die sowohl die Kultur des Landes als auch seine Natur zu bieten hat. Verschiedene Tiere samt einem Gemüse- und Blumengarten haben von daher einen enormen erzieherischen Wert.

Hier in diesem Projekt ist in fünfzehn Jahren etwas entstanden, das ein Hoffnungsträger für Haiti ist. Die „Haiti Kinder Hilfe“ beabsichtigt möglicherweise hier verschiedene Einzelprojekte zu unterstützen.

Eine Reihe Patenschaften der Haiti Kinder Hilfe existieren bereits.

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